Liebes Tagebuch,
stell Dir vor, Du hast über ein Jahr lang gegrübelt, gemailt, telefoniert, organisiert, nachgefragt, umgeplant, halt wie verrückt am Masterplan gearbeitet, damit die Euro-Tour mit allen Konzerten gelingen kann. Der Zeitplan war eng gestrickt, aber gut durchdacht; inklusive Berücksichtigung der Bus-Ruhezeiten und einer frühen Abfahrt mit reichlich Puffer für den Fall der Fälle. Und dann, liebes Tagebuch, stell Dir weiter vor, obwohl Du so viel Zeit eingeplant hattest, um zum letzten Auftrittsort im Ausland zu gelangen, kam es doch anders.
Während der Bus die Dolomiten hinaufschnaufte, bestaunten wir die beeindruckende Landschaft und hielten dann und wann die Luft an, wenn wir eine der zahlreichen Spitzkehren überwinden oder durch einen Tunnel fahren mussten, der unwesentlich breiter als unser Bus war. Und plötzlich stand der Bus, unser Reiner-Mobil, es rollte nichts mehr; zumindest nichts mit vier oder mehr Rädern. Wir sind mitten in ein Hochgebirgsradrennen geraten und mussten der Muskelkraft den Vortritt lassen. Kurzerhand stellten wir uns zu den anderen Zuschauern an den Straßenrand und feuerten die radelnden Sportler an. Ach, war das herrlich, das überrascht-dankbare Lächeln in den Gesichtern der Athleten zu sehen, als sie an unseren tosenden Anfeuerungsrufen samt LaOla-Welle vorbeizogen.
Irgendwann ging es dann weiter, doch leider nicht in dem für unsere Pläne notwendigen Tempo. Man könnte sagen, dass die ganze Planung für diesen Tag umsonst war, aber man kann auch einfach das Beste daraus machen. Gut, das Konzert in Innsbruck hatten wir verpasst, aber wir bummelten gemeinsam ein wenig durch die wunderschöne Altstadt, bestaunten das „Goldene Dacherl“ und suchten uns ein Abendbrot – Schnitzel, Burger oder Eis – jeder wie er mochte.
Wir sind gespannt auf den Rückreisetag. Die Dinge kommen ja manchmal anders als man denkt, wie wir jetzt wissen. Vielleicht bekommen wir unverhofft eine weitere Konzerteinladung und müssen vor Japan, der Schweiz und Holland ganz dringend in der Karibik ein Konzert spielen. Ja dann würde sich die Heimfahrt nach Magdeburg noch etwas verschieben, aber… wer weiß.
Dein Tour-Orchester
P.S. Es scheint sich im Allgemeinen Kohäsion auszubreiten. Alle Atome unseres Orchesters sind irgendwie enger zusammengerückt; einige davon ganz besonders. Dopaminoide Zusammengehörigkeitsbande in Teilen der Brass-Section beobachtet.